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Mittwoch, 20. August 2008

„Und das hier ist Paraguay?“

Junge Mitarbeiter der französischen Botschaft und der Handelskammer besuchten die Expo in Neuland. Ihre Eindrücke von der mennonitischen Insel mitten in Paraguay.


„Und wir sind hier wirklich in Paraguay?“, fragen vier junge Franzosen, die zur Zeit für die Französische Handelskammer in Asunción oder die Botschaft arbeiten, bei ihrer Ankunft in Filadelfia. Sie wollten „raus aus der Hauptstadt und das Land kennen lernen“. Die Expo in Neuland nahmen sie zum Anlass, um einen Einblick in das Leben der Mennoniten im Chaco zu gewinnen. Vladimir Valdes Garcia, Rechtsreferendar an der Deutschen Botschaft in Asunción begleitet sie. Die weiten Sandstraßen der Hauptstadt der Kolonie Fernheims, Filadelfia, wirken auf die jungen Leute eher wie eine Westernstadt in Texas oder Australien als eine Kleinstadt im Herzen Südamerikas. Männer mit Cowboyhüten, auf Pferden oder in großen Pick-Ups bestimmen hier das staubige Straßenbild.
Der erste Eindruck auf der Expo in Neuland scheint das zu bestätigen. Waschechte Cowboys und Farmer begutachten das prämierte Vieh der 14. Ausstellung. Mannshohe Stiere und Pferde werden in der Arena vorgeführt, dazwischen Ziegen und Schafe. Einige Indianer lungern an den angrenzenden Koppeln und Feldern herum. „Zunächst hat mich die Armut und Ausgrenzung der Indígenas erschüttert“, sagt Cijril Lubrano Lavadera. Der 25-Jährige arbeitet für sechs Monate in der Französisch-Paraguayischen Handelskammer. „Aber dann habe ich erfahren, was die Mennoniten zusammen mit den Indianern auf die Beine gestellt haben“, ergänzt er. Schulen und Krankenhäuser gibt es inzwischen in der Wildnis, „aber es bleibt noch viel zu tun“, findet Lubrano. Das weiß auch der Oberschulze Edwin Reimer. „Aber wir fürchten hier keine ethnischen Auseinandersetzungen, die Mennoniten arbeiten intensiv mit den indigenen Bevölkerungsgruppen zusammen“, erklärt der Bürgermeister. Auch glaubt er nicht, dass es zu Landbesetzungen im Chaco kommen könnte. „Wir haben immer genau darauf geachtet, dass bei der Titelvergabe auf den Ländereien sorgsam gearbeitet wird – wer betrügt, verliert unsere Unterstützung“. Er glaubt eher, dass es zu religiösen oder ideologischen Konflikten im Chaco kommen könnte. Wegen der Zuwanderung der letzten Jahre habe sich vieles verändert. Daher begrüßt er das Interesse von Angela Merkel, die zuletzt in Lima beim EU-Lateinamerikagipfel dem designierten Präsidenten Fernando Lugo die Frage stellte, ob der Staat Paraguay das Eigentum der Mennoniten schützen wird. „Es ist schon gut zu wissen, dass sich Deutschland auch für uns einsetzt“, freut sich Reimer.
Mit dem Deutschen tun sich die vier Franzosen noch etwas schwer. „Es läuft Deutsche Musik und über Lautsprecher werden Verkaufsangebote in deutscher Sprache durchgegeben – das ist schon befremdlich so mitten in Südamerika“, wundert sich Annabelle Medina von der französischen Botschaft. Sie interessiert sich für die Geschichte der religiösen Auswanderer. Heinrich Braun, der deutsche Honorarkonsul vor Ort, hilft dabei gerne weiter. Er kennt die Unterschiede und geschichtlichen Hintergründe der verschiedenen Kolonien. Schon 1972 arbeitete er als Vertrauensmann der Deutschen Botschaft, 1994 wurde er zum Honorarkonsul ernannt. Es sei beschämend, dass die Mennoniten ausgerechnet wegen ihres Pazifismus aus Europa vertrieben wurden, finden die jungen Leute. Aber ebenso beeindruckend sei es, was sie ohne Waffen hier aufgebaut haben. Aber das können sie den blonden Bewohnern des Chacos nicht sagen. „Es ist schwierig, hier mit jemandem ins Gespräch zu kommen“ sagen sie bei Kaffee und Kuchen unter Bäumen. Doch die Mennoniten interessieren sich sehr wohl für die Fremden. Ein Team von TV Chaqueño setzt sich an den Tisch und interviewt die jungen Leute. Welches ihre Eindrücke vom Land und den Leuten sind, wollen sie wissen. Und natürlich, wie die Mennoniten-Kolonien auf sie wirken. Vladimir Valdes Gracia äußert seine Bewunderung über die Entwicklung im Chaco: „Es ist schon beeindruckend, was im Chaco über die letzten Generationen hinweg mit viel Fleiß, Eifer und Aufopferungsbereitschaft aufgebaut wurde. Aus der einstigen Wildnis ist heute ein bedeutender Wirtschaftsstandort mit einer durchorganisierten Infrastruktur geworden, wobei die Mennoniten beachtliche Sozialprojekte gestemmt haben“, findet der 27-Jährige.
Oberschulze Edwin Reimer gibt sich angesichts des Lobes bescheiden. „Wir machen aus dem, was Gott uns gegeben hat, das Beste“. Auf Europäer mag diese Religiosität auf den ersten Blick etwas befremdlich wirken. Wer aber näher hinschaut, versteht, was dahinter steckt.

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