Liebe Hildegard,
vier Wochen sind es nun schon her, seitdem wir uns kennen lernten. Ich kann mich noch an jedes Detail unserer ersten Begegnung erinnern, wie als wenn es gestern gewesen wäre. Ich stolperte damals spät nachts oder früh morgens in die Pension. Du hast auf einem Stuhl in der Ecke gesessen, und mich gefragt, wie das Telefon funktioniert. Ich habe dir von meinem Abend und den Bierpreisen in Asuncion erzählt, wir haben lange gequatscht. Ich habe erzählt und erzählt. Es war ein gutes Gespräch. Dass ich eingeschlafen bin, hat sicher nicht an dir gelegen.
Trotzdem hast du es mir übel genommen. Als du ein paar Stunden später mit Rafaela an mir vorbei liefst, hast du sie gefragt: „Wer ist denn DER da?!“ Du dachtest ich höre es nicht. Es war hart für mich zu erfahren, dass du mich so schnell vergessen hattest. Dabei war ich es doch, der dich von Anfang an verstand.
Als du den Angestellten der Pension beibringen wolltest, wie man einen Haushalt zu führen hätte, ohne selbst ein Wort Spanisch zu sprechen - ich habe es verstanden. Als du dir einen paraguayischen Email-Account zulegen wolltest, weil dein Computer und dein E-mailprogramm in Deutschland sind – ich verstand. Als du, liebe Hildegard, von einer Polizeiwache aus angerufen hast, weil du frei laufende Pferde auf der Straße gesehen hattest und dich sofort auf eine Wachtmeister stürztest, der jedoch kein Deutsch sprach, und dich daraufhin mitnahm, aufs Revier, wo aber auch keiner verstand, was du wolltest, und du deshalb in der Pension anriefst – Hildegard, ich hatte es verstanden.
Ich habe bald begriffen, dass da mehr zwischen uns ist, Hildegard. Als du mir beim Kochen den Löffel wegnahmst, mit dem ich meine Nudeln zubereitete, und mir sagtest, ich solle doch einen ordentlichen Löffel nehmen, da habe ich verstanden. Du hast in der ganzen Küche einen Kochlöffel für mich gesucht, „weil man das eben damit macht“, die ersten beiden, die du gefunden hattest, hast zu zerbrochen und weggeschmissen, weil sie „schmutzig und ekelig“ waren. Nur das Beste ist gut genug für dich, Hildegard. Du bist einfach sensibel Wenn ich am Wochenende mitten in der Nacht zu meinem Zimmer wanke, und versuche, kein Geräusch zu machen, und du dann mit einem „HALLOOOO MICHAEL!!!!“ deine Zimmertür aufreißt, weil du nicht schlafen konntest und dich unterhalten möchtest, dann fühle ich mich an unsere erste Begegnung erinnert. DESHALB fasse ich mir dann immer ans Herz.
Wenn du dann morgens immer mit mir frühstückst, „weil du nicht gern allein frühstückst, und deshalb auch gerne mal etwas früher aufstehst“, dann beginnt mein Tag mit heller Freude. Auch weil du mir, selbst wenn ich intensiv betone, morgens nur Marmelade und Honig zu mir nehmen, immer etwas Käse und Wurst auf meinen Teller legst, „damit ich mal etwas ordentliches esse“.
Aber in letzter Zeit, verehrte Hildegard, scheint mir, dass der Pepp in unserer Beziehung fehlt. Ich merke genau, dass du dich unruhig umguckst und lange die Decke anstarrst, wenn du dich neben mich vor den Fernseher setzt. Wenn du mich dann ansprichst, „dass du zu Hause auch manchmal die Füße auf den Tisch legst“ und es mir gleich tust, dir aber ein Kissen unterlegst, „weil es sonst doch weh tut“. Und mich dann fünf Minuten später fragst, ob ich nicht auch ein Kissen möchte, und mir, trotz des Kopfschüttelns, dann doch etwas unter meine Füße legst. Und dann, nach einer Weile des vor sich hin Starrens und die Decke Absuchens du mich nach der Handlung des Films fragst, dann liebe Hildegart, dann merke ich, dass wir uns auseinander gelebt haben.
Mehr Fotos von der Stadt der Himmelfahrt gibts hier
Deshalb muss ich dir sagen, dass die Überstunden, die ich machte, keine Überstunden waren. Ich bin nach der Arbeit in eine andere Pension gegangen, dort wohnen einige französische Praktikanten. Und ja, ich habe mit ihnen zu Abend gegessen. Ich habe gefragt, ob ich auch dort frühstücken kann, das lehnten sie jedoch ab. Ich sollte meine Dinge zu Hause klären, haben sie mir gesagt. Deshalb schreibe ich dir diesen Brief. Ich hoffe, du verstehst. Ich tue es schon lange nicht mehr.
Dein "Michele"
Trotzdem hast du es mir übel genommen. Als du ein paar Stunden später mit Rafaela an mir vorbei liefst, hast du sie gefragt: „Wer ist denn DER da?!“ Du dachtest ich höre es nicht. Es war hart für mich zu erfahren, dass du mich so schnell vergessen hattest. Dabei war ich es doch, der dich von Anfang an verstand.
Als du den Angestellten der Pension beibringen wolltest, wie man einen Haushalt zu führen hätte, ohne selbst ein Wort Spanisch zu sprechen - ich habe es verstanden. Als du dir einen paraguayischen Email-Account zulegen wolltest, weil dein Computer und dein E-mailprogramm in Deutschland sind – ich verstand. Als du, liebe Hildegard, von einer Polizeiwache aus angerufen hast, weil du frei laufende Pferde auf der Straße gesehen hattest und dich sofort auf eine Wachtmeister stürztest, der jedoch kein Deutsch sprach, und dich daraufhin mitnahm, aufs Revier, wo aber auch keiner verstand, was du wolltest, und du deshalb in der Pension anriefst – Hildegard, ich hatte es verstanden.
Ich habe bald begriffen, dass da mehr zwischen uns ist, Hildegard. Als du mir beim Kochen den Löffel wegnahmst, mit dem ich meine Nudeln zubereitete, und mir sagtest, ich solle doch einen ordentlichen Löffel nehmen, da habe ich verstanden. Du hast in der ganzen Küche einen Kochlöffel für mich gesucht, „weil man das eben damit macht“, die ersten beiden, die du gefunden hattest, hast zu zerbrochen und weggeschmissen, weil sie „schmutzig und ekelig“ waren. Nur das Beste ist gut genug für dich, Hildegard. Du bist einfach sensibel Wenn ich am Wochenende mitten in der Nacht zu meinem Zimmer wanke, und versuche, kein Geräusch zu machen, und du dann mit einem „HALLOOOO MICHAEL!!!!“ deine Zimmertür aufreißt, weil du nicht schlafen konntest und dich unterhalten möchtest, dann fühle ich mich an unsere erste Begegnung erinnert. DESHALB fasse ich mir dann immer ans Herz.
Wenn du dann morgens immer mit mir frühstückst, „weil du nicht gern allein frühstückst, und deshalb auch gerne mal etwas früher aufstehst“, dann beginnt mein Tag mit heller Freude. Auch weil du mir, selbst wenn ich intensiv betone, morgens nur Marmelade und Honig zu mir nehmen, immer etwas Käse und Wurst auf meinen Teller legst, „damit ich mal etwas ordentliches esse“.
Aber in letzter Zeit, verehrte Hildegard, scheint mir, dass der Pepp in unserer Beziehung fehlt. Ich merke genau, dass du dich unruhig umguckst und lange die Decke anstarrst, wenn du dich neben mich vor den Fernseher setzt. Wenn du mich dann ansprichst, „dass du zu Hause auch manchmal die Füße auf den Tisch legst“ und es mir gleich tust, dir aber ein Kissen unterlegst, „weil es sonst doch weh tut“. Und mich dann fünf Minuten später fragst, ob ich nicht auch ein Kissen möchte, und mir, trotz des Kopfschüttelns, dann doch etwas unter meine Füße legst. Und dann, nach einer Weile des vor sich hin Starrens und die Decke Absuchens du mich nach der Handlung des Films fragst, dann liebe Hildegart, dann merke ich, dass wir uns auseinander gelebt haben.
Mehr Fotos von der Stadt der Himmelfahrt gibts hier
Deshalb muss ich dir sagen, dass die Überstunden, die ich machte, keine Überstunden waren. Ich bin nach der Arbeit in eine andere Pension gegangen, dort wohnen einige französische Praktikanten. Und ja, ich habe mit ihnen zu Abend gegessen. Ich habe gefragt, ob ich auch dort frühstücken kann, das lehnten sie jedoch ab. Ich sollte meine Dinge zu Hause klären, haben sie mir gesagt. Deshalb schreibe ich dir diesen Brief. Ich hoffe, du verstehst. Ich tue es schon lange nicht mehr.
Dein "Michele"
MichaImSueden - 9. Jul, 22:05
Hildegards Rächer
schaem