Einig uneins – Vapor Cué
In Vapor Cué erinnern stählerne Skelette an einen Krieg, der den Kontinent entscheidend geprägt hat.
„Paraguay ist vielleicht der wirtschaftlich erfolgreichste und mächtigste Staat der Region“, liest man in Quellen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Wirtschaft florierte, das Land stand in guten Beziehungen mit dem Rest der Welt. Doch was der Vater aufbaute, zerstörte der Sohn. Francisco Solano López übernahm 1862 die Regentschaft von seinem Vater Carlos Antonio und führte Paraguay in den verheerenden Tripel-Allianz-Krieg. Während Brasilien und Argentinien 1864 in Uruguay die „Colorados“ bei einem Putschversuch unterstützten, hielt es Lopez mit den regierenden „Blancos“. Er befürchtete den Wechsel auch im eigenen Land und wollte den Zugang zum Meer. Bald schon hatte Paraguay allen dreien den Krieg erklärt.
Es sollte im Verhältnis zur Bevölkerungszahl einer der blutigsten Kriege der Menschheitsgeschichte werden, über zwei Millionen Menschen verloren ihr Leben. Paraguays Bevölkerung schrumpfte auf ein Viertel zusammen, nur noch 6000 Männer soll es 1870 im Land gegeben haben. Darüber hinaus ging rund die Hälfte der Fläche Paraguays verloren. Über sechs Jahre hinweg, bis zum Friedensvertrag am 20. Juni 1870, wehrte sich Lopez mit allen erdenklichen Mitteln gegen die unvermeidbare Niederlage. Kinder, Frauen und Greise wurden an die Front geschickt, Lopez’ Sohn fiel 15-jährig als Oberst. Der Diktator war bis zulezt nicht zur Aufgabe bereit, „vencer o morir“, sind die geflügelten Worte, die jeder mit dem General in Verbindung bringt. Familienmitglieder und Freunde, die ihn zur Aufgabe überreden wollten, wurden getötet. Selbst seine Mutter und seine Schwestern ließ er auspeitschen. An Aufgeben wollte der General nicht denken, auch nicht als er 1868 die Hauptstadt Asuncion verlor. Lopez mobilisierte die letzten Reste seines Reiches und fiel am 1. März 1870 in der Schlacht bei Cerro Cora, weil er sich der Gefangennahme widersetzte.
Doch Lopez hatte von Anfang an keine Chance. Zwar verzeichnete er zu Beginn einige Erfolge im dünn besiedelten Mato Grosso, doch war gerade die brasilianische Marine haushoch überlegen. Deren Artillerie zerstörte von den zahlreichen Flüssen aus das Land. Spätestens seit dem Kriegseintritt Argentiniens mussten die Paraguayer sich immer weiter zurückziehen – sie hinterließen meist ein Bild der Zerstörung.
Ein anschauliches Bild davon kann man sich bei Caraguatay machen, der selbsternannten „Stadt der Leser“. Etwa zwei Autostunden nordwestlich von Asuncion verbringen die Bewohner der Stadt viel Zeit mit Büchern, was einer christlichen Schule geschuldet ist. Etwa fünf Kilometer hinter der Stadtgrenze schließt sich der Nationalpark Vapor Cue an, ein Freilichtmuseum des Triple-Allianz-Krieges. Der geschichtsträchtige Ort inmitten der Einöde ist kaum bekannt und schwer zu erreichen, weswegen die Aktuelle Rundschau Ausflüge dorthin anbietet. Sechs Schiffe der Paraguayischen Kriegsmarine, oder das, was von ihnen übrig ist, stehen im Halbkreis um eine Helden-Statue und ein Gefallenendenkmal. 1869 flohen die paraguayianschen Streitkräfte vom Rio Paraguay über den Rio Manduvira und den Rio Yhaguy an diesen Ort. Der geringe Tiefgang ihrer Boote machte die Aktion möglich. Als sich die brasilianischen Streitkräfte näherten, zerstörten die Soldaten ihre Schiffe, auf dass sie nicht dem Gegner in die Hände fielen.
Erst vor 20 Jahren wurden die Dampfer wieder gehoben, von den meisten ist nicht mehr als die Feuerung und einige Planken übrig. Einzig die stählernen Gerippe des Raddampfers „Anhambay“ und des Schraubendampfers „Piraveve“ überlebten die Havarie. Die „Anhambay“, 1865 als Beutestück nach erfolgreichem Kampf gegen Brasilien in die Hände der Paraguayer gefallen, ist mit ihren 41 Metern Länge und 8 Metern Breite fast vollständig begehbar. Auch zwei Masten und der Schornstein wurden wieder errichtet. Von dem einstigen Prunkstück der Kriegsmarine aus hat man einen herrlichen Blick über die Gegend bis hinunter zum Rio Yhaguy, den einstigen Fluchtweg. Die etwas kleinere, aber ebenso fast gänzlich erhaltene „Pirabebe“ daneben, war einst ein englisches Handelsschiff, bevor sie in den Krieg zog. Mitten in der staubigen Einsamkeit wirken die Wasserkreuzer wie gestrandet und vergessen, tapfer trotzen sie dem Regen und der Sonne, ein aussichtsloser Kampf, so scheint es.
Wie Monolithen reihen sich neben den Schiffen vier große Öfen in den Sand, das Einzige, was von den anderen Booten übrig blieb. Die Soldaten wollten nichts zurücklassen. Sie sind heute mahnende Erinnerung an den blutigsten Krieg Lateinamerikas, der das Gesicht des Kontinents entscheidend geprägt hat.
„Paraguay ist vielleicht der wirtschaftlich erfolgreichste und mächtigste Staat der Region“, liest man in Quellen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Wirtschaft florierte, das Land stand in guten Beziehungen mit dem Rest der Welt. Doch was der Vater aufbaute, zerstörte der Sohn. Francisco Solano López übernahm 1862 die Regentschaft von seinem Vater Carlos Antonio und führte Paraguay in den verheerenden Tripel-Allianz-Krieg. Während Brasilien und Argentinien 1864 in Uruguay die „Colorados“ bei einem Putschversuch unterstützten, hielt es Lopez mit den regierenden „Blancos“. Er befürchtete den Wechsel auch im eigenen Land und wollte den Zugang zum Meer. Bald schon hatte Paraguay allen dreien den Krieg erklärt.
Es sollte im Verhältnis zur Bevölkerungszahl einer der blutigsten Kriege der Menschheitsgeschichte werden, über zwei Millionen Menschen verloren ihr Leben. Paraguays Bevölkerung schrumpfte auf ein Viertel zusammen, nur noch 6000 Männer soll es 1870 im Land gegeben haben. Darüber hinaus ging rund die Hälfte der Fläche Paraguays verloren. Über sechs Jahre hinweg, bis zum Friedensvertrag am 20. Juni 1870, wehrte sich Lopez mit allen erdenklichen Mitteln gegen die unvermeidbare Niederlage. Kinder, Frauen und Greise wurden an die Front geschickt, Lopez’ Sohn fiel 15-jährig als Oberst. Der Diktator war bis zulezt nicht zur Aufgabe bereit, „vencer o morir“, sind die geflügelten Worte, die jeder mit dem General in Verbindung bringt. Familienmitglieder und Freunde, die ihn zur Aufgabe überreden wollten, wurden getötet. Selbst seine Mutter und seine Schwestern ließ er auspeitschen. An Aufgeben wollte der General nicht denken, auch nicht als er 1868 die Hauptstadt Asuncion verlor. Lopez mobilisierte die letzten Reste seines Reiches und fiel am 1. März 1870 in der Schlacht bei Cerro Cora, weil er sich der Gefangennahme widersetzte.
Doch Lopez hatte von Anfang an keine Chance. Zwar verzeichnete er zu Beginn einige Erfolge im dünn besiedelten Mato Grosso, doch war gerade die brasilianische Marine haushoch überlegen. Deren Artillerie zerstörte von den zahlreichen Flüssen aus das Land. Spätestens seit dem Kriegseintritt Argentiniens mussten die Paraguayer sich immer weiter zurückziehen – sie hinterließen meist ein Bild der Zerstörung.
Ein anschauliches Bild davon kann man sich bei Caraguatay machen, der selbsternannten „Stadt der Leser“. Etwa zwei Autostunden nordwestlich von Asuncion verbringen die Bewohner der Stadt viel Zeit mit Büchern, was einer christlichen Schule geschuldet ist. Etwa fünf Kilometer hinter der Stadtgrenze schließt sich der Nationalpark Vapor Cue an, ein Freilichtmuseum des Triple-Allianz-Krieges. Der geschichtsträchtige Ort inmitten der Einöde ist kaum bekannt und schwer zu erreichen, weswegen die Aktuelle Rundschau Ausflüge dorthin anbietet. Sechs Schiffe der Paraguayischen Kriegsmarine, oder das, was von ihnen übrig ist, stehen im Halbkreis um eine Helden-Statue und ein Gefallenendenkmal. 1869 flohen die paraguayianschen Streitkräfte vom Rio Paraguay über den Rio Manduvira und den Rio Yhaguy an diesen Ort. Der geringe Tiefgang ihrer Boote machte die Aktion möglich. Als sich die brasilianischen Streitkräfte näherten, zerstörten die Soldaten ihre Schiffe, auf dass sie nicht dem Gegner in die Hände fielen.
Erst vor 20 Jahren wurden die Dampfer wieder gehoben, von den meisten ist nicht mehr als die Feuerung und einige Planken übrig. Einzig die stählernen Gerippe des Raddampfers „Anhambay“ und des Schraubendampfers „Piraveve“ überlebten die Havarie. Die „Anhambay“, 1865 als Beutestück nach erfolgreichem Kampf gegen Brasilien in die Hände der Paraguayer gefallen, ist mit ihren 41 Metern Länge und 8 Metern Breite fast vollständig begehbar. Auch zwei Masten und der Schornstein wurden wieder errichtet. Von dem einstigen Prunkstück der Kriegsmarine aus hat man einen herrlichen Blick über die Gegend bis hinunter zum Rio Yhaguy, den einstigen Fluchtweg. Die etwas kleinere, aber ebenso fast gänzlich erhaltene „Pirabebe“ daneben, war einst ein englisches Handelsschiff, bevor sie in den Krieg zog. Mitten in der staubigen Einsamkeit wirken die Wasserkreuzer wie gestrandet und vergessen, tapfer trotzen sie dem Regen und der Sonne, ein aussichtsloser Kampf, so scheint es.
Wie Monolithen reihen sich neben den Schiffen vier große Öfen in den Sand, das Einzige, was von den anderen Booten übrig blieb. Die Soldaten wollten nichts zurücklassen. Sie sind heute mahnende Erinnerung an den blutigsten Krieg Lateinamerikas, der das Gesicht des Kontinents entscheidend geprägt hat.
MichaImSueden - 20. Aug, 16:39