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Mittwoch, 20. August 2008

Traditionelle Fischer am Rio Paraguay

Mächtig biegt sich die Remanso-Brücke im Morgengrauen über den Rio Paraguay. Etwas Nebel hat sich auf dem Fluss gesammelt und kriecht das Ufer hinauf, wo einige Polizisten einen Lastwagen überprüfen und die ersten Verkäufer ihre Stände beziehen. Auf dem Wasser des breiten Flusses treiben verloren einige kleine Ruderboote. Bis zu drei Mann versuchen von diesen bunten Nussschalen aus, mit einer Schnur bewaffnet dem Strom etwas Essbares zu entreißen. Die Kähne schwanken gefährlich, wenn bei dem ein oder anderen die Schnur spannt. Oft passiert das jedoch nicht.
Zwei Geländewagen mit großen Anhängern rauschen vorbei. Touristen auf dem Weg zu einem Seitenarm stromaufwärts. Wo genau es hingehen soll, wollen sie nicht verrraten, denn der Rio Paraguay gilt unter Anglern weltweit als Geheimtipp. Bis zu 200 Kilo schwere Surubis seien schon aus dem Wasser gezogen worden. Dazu gibt es allerlei spektakuläre Fische wie den goldgelben Dorado, der sich hervorragend auf Urlaubsfotos macht.
Aber neben den Hobby- und Nebenerwerbsanglern gibt es am Fluss auch viele Fischer, die sich und ihre Familien mit den Fängen ernähren müssen. Denen sind die Angler ein Dorn im Auge. „Inzwischen müssen wir 40 Kilometer und weiter fahren, um einen guten Fang zu machen“, meint Mauricio Knazaawa, einer der erfolgreichsten Fischer im Ort. Seit vielen Jahren schon läuft er von seinem Haus im Schatten der Remanso-Brücke mit seinem Boot aus. Fast zehn Meter ist seine „ASAH III“ lang, normalerweise hat er drei oder vier Angestellte mit dabei, die bei dem harten Job helfen. „Meist sind wir eine Woche unterwegs, in letzter Zeit oft zwei oder mehr“, sagt Knazaawa. Er sei schon bis an die Grenzen Boliviens und Brasiliens gefahren. Die Fische werden dann im Bauch des Schiffes bis zur Rückfahrt gekühlt.
Die Fischerei ist ein wichtiger Faktor in Paraguays Wirtschaft und macht zusammen mit der Landwirtschaft rund 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus. Während Meeresfische meist aus Chile importiert werden, exportieren größere Unternehmen aus Paraguay viele Süßwasserfische vor allem nach Brasilien. Wenn die Netze aber einmal leer bleiben an der Remanso-Brücke, dann gibt es für die ganze Umgebung nichts zu essen. Alle hier am Ort leben mehr oder weniger vom Fischfang.
Wer nicht mit den Booten hinausfährt, der verarbeitet den Fisch im Hafen oder verkauft die Tiere an den Endkunden. Diese kommen meist am frühen Morgen hinunter ans Wasser und laden die Surubis, Pacus, Dorados oder Manguruyus direkt in ihre Autos. Großkunden findet man hier meist nicht. Rund 40.000 Guaranies werden für ein Kilo vom Surubi hingelegt, meint eine Verkäuferin. Er gilt als Delikatesse, nicht nur, weil er keine Gräten hat. Sonst ist die Gewinnmarge für die Fischer eher gering. Auch weil viel Arbeit drinsteckt. Wenn die Fische an Land kommen, werden sie dort meist von den Frauen gesäubert, aufgeschnitten und gewogen. Unter den Augen der Kunden filetieren junge Männer auf Wunsch die Ware. Der Fischgeruch über dem unbefestigten Hafen an der Remansobrücke scheint nie zu verschwinden. Die meisten dort hoffen das auch. Die Schwierigkeiten beim Fang haben ihnen zu Denken gegeben.
Naturschützer warnen schon seit langem, dass der Rio Paraguay überfischt wird. Auch Politiker sind bereits aktiv geworden und haben eine Schonzeit eingerichtet. Vom 1. November bis zum 20. Dezember ist der Fischfang untersagt, viel zu kurz, meinen Umweltschützer. Auch trifft sie nur die professionellen Fischer, die kleinen Angler aus den Elendsvierteln am Flussufer hingegen machen sich nichts daraus, schließlich geht es oft ums nackte Überleben.
Gerade mal zum nackten Überleben reiche auch das Geld, dass die Regierung den Fischern bereitstellt, wenn sie während der Schonzeit keine Einnahmen haben. „Die 7000 Guaranies reichen für Strom und Wasser aus, aber nicht mehr“, sagt Menacio Coronel, ein Kollege von Knazaawa. Er repariert gerade mit seinem Sohn das Boot, mit dem sie heute Morgen von einer mehrtägigen Fahrt zurückkamen. Am nächsten Tag wollen sie wieder auslaufen. Schließlich wollen sie das Ostergeschäft nicht verpassen.
Selbstverständlich würde der vierzehnjährige der Filius einmal die Familientradition fortführen. Seit nunmehr zwei Jahren lernt er von seinem Vater, was man beachten muss, wenn man hinausfährt. Die geheimen Buchten, an denen sich auch heute noch etwas fangen lässt, sind ein wohlgehütetes Geheimnis der Coronels. Ob auch sein Sohn noch die gleichen Stellen ansteuern können wird wie einst der Großvater, weiß Menacio nicht. Aber zu fischen wird es immer geben, meint er optimistisch.
Jetzt freuen sich die Fischer erst einmal auf das gute Ostergeschäft und das anschließende traditionelle Baden am Karfreitag. Die Wasser des Flusses sollen von bösen Geistern befreien und Kraft für das kommende Jahr geben.

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